BLUESBREAKER DELUXE REVERB ZENAMP Ein kleiner Vergleich von Gitarrenverstärkern
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In diesem Vergleichsbericht muss sich ein Vertreter der neusten Verstärker-Generation, ein digitaler Modeller, gegen zwei Röhrenamp- Klassiker behaupten. Es geht um den zenAmp der deutschen Firma Hughes&Kettner, den Fender Deluxe Reverb und den Marshall Bluesbreaker Combo.
Beim Fender Deluxe Reverb handelt es sich um einen der Fender Klassiker schlechthin. Es ist ein kleiner 22Watt Vollröhrenverstärker mit Röhrengleichrichtung und 6V6 Endstufenröhren. Er hat einem 12 Zoll Lautsprecher im hinten offenen Combogehäuse. Zwei getrennte Kanäle sind vorhanden, allerdings nicht im moderneren Sinne mit Kanalumschaltung, Gain- und Masterreglern. Beide Kanäle haben separate Eingänge. Der Erste hat Volumen, Treble und Bass als Regelmöglichkeiten. Der Zweite hat die gleichen Regelmöglichkeiten, zusätzlich aber noch einen Hall und einen Tremoloeffekt. Mein zu diesem Vergleich verwendeter Amp ist ein Reissue, eine Wiederauflage aus den neunziger Jahren. Normalerweise sind die 65´Deluxe Reverb Reissues schwarz mit der typischen silbernen Frontbespannung. Meiner stammt aus einer kleinen Sonderserie. Er ist mit Blonde Tolex bezogen und hat eine beige Frontbespannung, ansonsten ist er aber abgesehen vom nachgerüsteten Jensen Lautsprecher ein ganz normaler 65´Deluxe Reverb Reissue. (siehe dazu auch Testbericht Fender Deluxe Reverb Silverface 1978) Auch der Marshall Bluesbreaker ist ein Reissue. Er wurde etwas modifiziert und in Richtung Ur- Bluesbreaker getrimmt. Unter anderem mit KT66 Endstufenröhren. Der Marshall hat wie der Deluxe Reverb zwei Kanäle mit getrennten Eingängen, aber mit einer gemeinsamen Klangregelung. Beide Kanäle haben jeweils einen Volumenregler, einen Mastervol. gibt es nicht. Beide Kanäle gemeinsam haben Treble, Mid, Bass und Presence. Dazu kommen Speed und Intensity Regler für den nur auf den zweiten Kanal wirkenden Tremoloeffekt. Ein Hall ist nicht vorhanden. Der Verstärker hat ca. 30Watt. Das ziemlich große Verstärkergehäuse ist hinten offen und mit zwei 12 Zoll Celestion Greenback Lautsprechern bestückt. (siehe auch Testbericht Marshall Bluesbreaker Combo) Der Hughes&Kettner zenAmp ist ein digitaler Verstärker (oder sollte man Computer sagen?). Er simuliert 16 klassische Verstärkertypen z.B von Vox, Fender und Marshall mit allen dazu denkbaren Regelmöglichkeiten. Dazu kommen ein Hall, eine Sektion mit Modulationseffekten und eine weitere mit Delays. Ein Effektweg ist für Leute, denen das noch nicht reicht, auch noch vorhanden. Der Verstärker ist stereo ausgelegt, hat 2x60Watt und deshalb natürlich auch mehr als einen Lautsprecher. Er hat zwei verschiedene: einen Celestion Rockdriver und einen Celestion Vintage 30. Auf 100 User-Speicherplätzen können eigene Sounds abgelegt werden und mit einem Midipedal oder dem passenden Hughes&Kettner Z-Board abgerufen werden. Die Speicherplätze können über ein Midi Interface auch mittels Computer verwaltet werden, die benötigte Software wird mitgeliefert. In Bezug auf Vielseitigkeit kann man die Röhrenamps natürlich überhaupt nicht mit dem zenAmp vergleichen, da hat dieser um Längen die Nase vorn. Nicht nur was die Grundsounds betrifft, sondern auch durch seine Delays und die Modulationseffekte wie Wah Wah, Chorus, Phaser, Flanger und außerdem eine Tubescreamer- und eine Fuzzsimulation. Ach ja, es gibt auch noch einen Kompressor und einen Midboost und Hall sowieso. Also eigentlich so ziemlich alles, was das Gitarristenherz begehrt. Hier steht es ohne Wenn und Aber 1 zu 0 für den Modeller. Aber da winkt der Röhrenliebhaber auch schon ab: was nützt das alles, wenn es nicht richtig klingt? Und genau darum geht es in diesem kleinen Vergleich. Natürlich ganz subjektiv aus meiner Sicht, das lässt sich kaum vermeiden, aber ziemlich frei von Scheuklappen und Vorurteilen. Röhre gegen Digital. Da der zenAmp Marshall- und Fender Verstärkersounds simuliert und authentisch wiedergeben soll, liegt es natürlich nahe, zu versuchen mit ihm die Sounds der zum Vergleich vorhandenen Röhrenamps zu kopieren, oder zumindest zu versuchen, ihnen möglichst nahe zu kommen. Einen Vox oder einen anderen Class A Verstärker habe ich leider nicht, daher bleiben diese Klänge in diesem Vergleich außen vor.
Beim
Vergleich kam nur eine Gitarre zum Einsatz,
zenAmp
und Fender Deluxe Reverb: Dem cleanen Klang meines Deluxe Reverb werde ich mit der Tweed Deluxe Simulation nicht gerecht, die klingt dafür schlichtweg zu topfig. Der Tweed Deluxe mag so geklungen haben, aber Blackface ist wohl eine andere Welt. Um dem Deluxe Reverb nahe zu kommen, muss man mit der Blackface Simulation des zenAmp arbeiten, die auch sofort den typischen Grundcharakter erkennen lässt. Der Hughes&Kettner klingt dabei sofort erst einmal größer und bassiger als der direkt daneben stehende kleine Fender DR, was natürlich auf die Lautsprecherbestückung zurückzuführen ist. Ein 12 Zoll Speaker mehr hat einiges zu bieten und das wird hier sehr deutlich. (wer einen Deluxe Reverb hat, sollte ihn mal an eine 2x12 Box anschließen oder eine 1x12 Zusatzbox nehmen) Der Deluxe bleibt i.V. mit den Humbucker Pickups meiner ES 135 bis Volume auf etwas über 2 clean , was natürlich nicht allzu laut ist. Der Bassregler ist fast voll auf, der Treble Regler steht auf 5, benutzt wird der Vibrato Kanal. Dieser Sound lässt sich gut mit der Blackface Simulation erreichen. Die Bässe müssen herausgenommen werden auf ca. 10 Uhr, dafür die Mitten etwas rein auf ca. 14 Uhr. Die Höhen und der Presence Regler sind voll aufgedreht, der Deluxe Reverb hat also in Bezug auf die Höhen deutlich mehr Reserven. Wichtig ist hierbei auch, dass der Gainregler des zenAmp über Halb aufgedreht ist. Ab 12 Uhr sind mehr Höhen vorhanden, denn damit wir der Bright Switch des Fender Twin simuliert. (Der Deluxe Reverb hat keinen Bright Switch). Schaltet man jetzt zwischen den Amps hin und her sind wenig Unterschiede zu vermelden. Größtenteils nur die, die sich durch die Lautsprecherbestückung ergeben. Der zenAmp wirkt so durch den zweiten Speaker etwas druckvoller bei gleicher Lautstärke. Der zenAmp hat jetzt den Vorteil zu verbuchen, genau diesen Sound auch mit deutlich höherer Lautstärke parat zu haben. Einfach Preset Volume aufdrehen, der Sound verändert sich nicht. Beim Deluxe Reverb stellt sich dann Verzerrung ein. In Bezug auf das Spielgefühl nähert sich der zenAmp dem Deluxe Reverb merkwürdigerweise noch etwas, wenn der Kompressor leicht aufgedreht dazu geschaltet wird. Ohne reagiert der zenAmp eine Nuance direkter bzw. härter als mein Deluxe, diese Empfinden ist aber nahe an der Grenze zur Einbildung und mit etwas Kompression so gut wie verschwunden. Fazit: ich kann in dieser Hinsicht kein besser oder schlechter melden. Dreht man den Deluxe jetzt auf, verzerrt er. Die Endstufe des kleinen 22 Watt Combos kommt ins Spiel. Viele mögen den Deluxe Reverb gerade deswegen. Als Ausgangspunkt nehme ich beim Deluxe folgende Einstellungen: Volume 8, Treble 4 und Bass auf 6. Der Fender singt jetzt mit recht satter Verzerrung, die sich mittels Volumenregler der Gitarre gut steuern lässt. Jetzt ist auch ein nicht gerade leises Grundrauschen zu hören. Die Blackface Simulation lässt sich jetzt nicht verwenden, denn die bleibt bis Gain auf Vollanschlag clean. Verzerrung ist damit so gut wie gar nicht drin. In der Tweed Deluxe Simulation sieht es anders aus. Dort ist mehr Zerrvermögen im Angebot als der Deluxe Reverb zu bieten hat. Die oben genannte DR Einstellung entspricht beim zenAmp in der Tweed Deluxe Simulation ungefähr Gain 12 Uhr, Bass 11, Mid 11, Treble 15 Uhr und Presence voll auf. Der Klang ist da, leider sogar auch das Grundrauschen. Der gleiche Druck, der gleiche Sound und die gleiche Reaktion auf das Volume Poti der Gitarre. Das Spielgefühl ist für mich gleichwertig, auch ohne Kompressor. Der Sound bei heruntergedrehtem Gitarren Regler unterscheidet sich dann aber etwas. Hier ist beim zenAmp natürlich der weiter oben schon beschriebene, etwas topfigere Tweed Deluxe Grundsound zu hören. Der Deluxe Reverb ist dann strahlender und schöner am Werk. (da kann man natürlich dagegen halten, das dieser Sound beim zenAmp dann per Tritt auf einen Midi Floorboard auch verfügbar ist. Beim Z-Board von Hughes&Kettner kann man außerdem die Funktion des Gainreglers z.B. auch auf ein Pedal legen). Der
Deluxe Reverb hat einen Federhall und einen Tremoloeffekt. Der Hall des
zenAmp ist im direkten Vergleich deutlich mehr "Digitalhall" als
Federhall. Bei geringen Einstellungen ist kaum ein Unterschied hörbar,
dreht man den Hall weiter auf, wird er sehr deutlich. Der Deluxe Hall ist
"very vintage", der zenAmp Hall klingt nicht so
Federhalltypisch, sondern mehr nach wirklicher Halle. Geschmackssache. Ein
wirklicher Vorteil des zenAmp Halleffekts ist aber, dass er auch bei starker
Verzerrung noch klingt. Beim Deluxe Reverb wird der Federhall aufgrund der
Endstufenzerrung mitverzerrt, was nicht unbedingt gut klingt. zenAmp
und Marshall Bluesbreaker Combo: Aber nicht alle wollen clean spielen,
daher wird der Bluesbreaker weiter aufgedreht. Kanal 1 dreiviertel auf,
Kanal zwei fast halb auf, Klangregelung unverändert. Die Endstufe zerrt
jetzt ziemlich intensiv und der Verstärker pumpt. Man bekommt über die
Gitarre eine Menge "Rückmeldung". Aus den F-Löchern meiner
Gibson ES 135 ist bei starkem Anschlag deutlich Luftzirkulation zu
spüren. Die Reaktion ist sehr dynamisch, bei ganz leichtem Anschlag ist
der Sound so gut wie clean. 10 min später: von Tweed 4x10 weitergeschaltet zum Plexi 100. Erster Eindruck: hoppla, das drückt ja doch. Dann eine Stufe zurück auf Plexi 50 und plötzlich ist er da! Der Charakter vom pumpenden Bluesbreaker mit einer kleinen Prise mehr Aggressivität in den oberen Mitten. Der gleiche pumpende Druck ist vorhanden! Die Stellung der Klangregler ist ähnlich, alles um 12 Uhr herum. Die englische Einstellung, d.h. alles auf, bringt etwas mehr Transparenz und reagiert bei beiden vergleichbar. Der Sound stimmt! Was der zenAmp aber nicht ganz so gut drauf hat, ist die Reaktion des Bluesbreakers auf das Volume Poti der Gitarre. Ist beim weit aufgedrehtem Bluesbreaker das Volume Poti meiner ES 135 fast zu, dann ist der oben beschriebene Cleansound mit dem erwähnten letzten Quäntchen Wärme und Glitzern in den Höhen wieder da! Beim zenAmp klingt es dann zwar nicht unbedingt schlecht, aber doch schlechter. Etwas bedeckt sozusagen im direkten Vergleich, die Höhen wollen nicht so richtig erscheinen. Zu guter Letzt ist noch zu erwähnen, dass der Bluesbreaker einen Tremoloeffekt hat. Den kehre ich hier aber einfach unter den Tisch, den kann man nämlich schlicht und einfach vergessen. Fazit:
mein Bluesbreaker ist weiterhin
nicht zu schlagen. (wenn der doch bloß Hall hätte!) In
Sachen Sound und Druck macht der zenAmp aber trotzdem eine sehr gute Figur,
durch seine Vielseitigkeit natürlich auch. Es gibt mit Sicherheit
Röhrenamps, die er in
die Tasche steckt. Allein schon das Angebot an Cleansounds ist
ein Kaufargument. Leute, die im Bereich Jazz unterwegs sind, dürften mit
dem zenAmp bestens klarkommen (die haben ja in der Regel sowieso auch
kein "Röhrenproblem"). Das Angebot an Zerrsounds ist nicht
weniger überzeugend und die Sounds klingen. Rückkopplungen übrigens
auch! Hat man ein Midi-Floorboard
oder besser noch das passende Z-Board, ist man mit sehr guten Sounds und
viel Druck jeder Situation gewachsen. (Abgesehen vielleicht vom Metal-
Bereich, aber wer taucht da auch schon mit einem offenen 2x12 Combo auf.)
Außerdem ist der zenAmp für einen 2x12 Combo noch sehr gut
"tragbar".
Zum Abschluss, obwohl es nicht unbedingt zum Vergleich gehört, noch ein paar total subjektive Anmerkungen zu der Effekt-Ausstattung des zenAmp. Den Hall und das Tremolo habe ich oben beschrieben. Mir persönlich gefällt der Hall sehr gut. Die beiden Wah Wahs sind brauchbar, mein Dunlop Cry Baby 535 "schmatzt" aber doch deutlich schöner. Das rhythmisch laufende Mod.Wah finde ich dagegen merkwürdigerweise sehr gut, nur brauche ich es bis jetzt nicht. Der Chorus klingt in beiden Variationen für mich gut. Er ist mir aber wie auch das Tremolo etwas zu intensiv. Es gibt leider ja nur einen Effektregler, der beim Chorus die Geschwindigkeit regelt und einen für mich passenden Chorussound bekomme ich damit nicht hundertprozentig hin. Bei Flanger und Phaser ist es ähnlich, wobei ich mit dem Phaser aber auch so klar komme. Strobe finde ich völlig überflüssig, so etwas wird ja fast schon durch das mir viel zu intensive Tremolo abgedeckt. Der Kompressor ist für mich klasse! Der Tubescreamer ist mir zu giftig ohne Klangregelung, ansonsten aber gar nicht mal schlecht getroffen. Das Fuzz ebenso. Dem Mid Boost kann man gut zur Klangformung einsetzen, den finde ich ganz brauchbar. Die gesamte Delay Sektion gefällt mir sehr gut, wobei ich eher für Slap Back Sachen als für intensivere Klangkaskaden zu haben bin. Schlecht finde ich außerdem, dass es bisher keine Schutzhaube oder z.B. auch keine Tasche für das Z-Board gibt. Andere Hersteller machen es da besser. © Bilder und Text, Dieter Stenzel, 01.02.2004 |