VOX AC4TVH
|
||
In dieser Zeit sind sehr kleine Verstärker sehr in Mode und es gibt ein breites Angebot von kleinen "Aggregaten" mit Ausgangsleistungen in einstelliger Wattzahl. Auch die altehrwürdige Firma VOX lässt sich da nicht lumpen und bietet mehrere Amps in dieser Kategorie an. Wer jetzt denkt, das sei für VOX Neuland, der irrt aber. Schon 1958 gab es einen VOX AC4 Combo mit 4 Watt und einem 8 Zoll Lautsprecher. Das heutige Testobjekt ist eine Neuauflage, ein Röhrenamp in Platinenbauweise, der als Topteil und als Combo angeboten wird. Ich konnte am kleinen hübschen weißen Top nicht vorbeigehen und hab es gekauft. 190 Euro hat es mich gekostet und gebaut wurde es in Vietnam. Viel ist nicht dran, an dem kleinen Teilchen. Der Clou ist die dreistufige Leistungsreduzierung. Es kann mit "vollen" 4 Watt, 1 Watt oder nur einem Viertelwatt betrieben werden. Das ist sozusagen eine Alternative zum nicht vorhandenen Mastervolume. Auch klanglich, denn ein vor der Vorstufe wirkendes Mastervolume klingt anders als eine in "Power-Soak"-Manier gebändigte Endstufe. Als weitere Regler findet man nur noch Volume und Tone, in typischer Manier mit Chickenhead Knöpfen und von oben zu bedienen. In der Reglerplatte sitzen dann noch die Eingangsbuchse und der An/Aus Kippschalter. Ein Standby ist nicht vorhanden. In der Rückseite findet man den Anschluss für das Netzkabel und die Speakerbuchse, die 16 Ohm sehen will. Die Verarbeitung ist innen und außen wirklich sehr gut. Ich finde einfach nix zum meckern. Es sind Sovtek Röhren verbaut, eine 12AX7 in der Vorstufe und eine EL84 in der Endstufe. Einen Einschleifweg gibt es nicht. Das ist alles sehr puristisch, weniger geht kaum. Es gibt eine passende
1x12 Box zum Topteil, die ich leider nicht habe. Aber man kann ja alles
mögliche anschließen, was 16 Ohm Widerstand bietet. Trotzdem finde ich
eine einsame 16 Ohm Buchse etwas unbefriedigend. Noch eine 8 Ohm Buchse
dazu wäre schon nicht schlecht. Mit Celestion V30 oder Greenback Speaker ist man auf dem richtigen Weg. Mit Jensen C12Q oder ähnlichem meiner Meinung nach z.B. nicht so, aber alles ist natürlich Geschmackssache. Was ich sagen will ist nur, dass der erste Eindruck total täuschen kann und mit dem richtig passendem Speaker die Sonne aufgehen kann. Das ist natürlich eigentlich bei jedem Topteil so, aber bei solchen sehr puristischen Teilen wie dem kleinen Vox kommt das meiner Meinung nach noch etwas mehr zum Tragen. Was soll bei mageren 4 Watt Ausgangsleistung so eine Leistungsreduzierung? Da stellt sich die Frage nach dem Einsatzbereich dieser kleinen Amps. Große Bühnen gehen auch! Dann wird eben ein Mikro davor gestellt. Im Proberaum einfach so kommt man gegen einen Drummer aber kaum an. Mit cleanen Sounds sowieso nicht. In erster Linie geht es wohl um die Einsatzbereiche "Zuhaus" und "Studio".
Alles, was ich zum Klang schreibe setzt passende, mit dem Amp harmonierende Speaker voraus. Der AC4TVH kann sehr schöne cleane Sounds in ausreichender Lautstärke für Zuhaus oder im Studio produzieren. Dabei ist natürlich die Gitarre bzw. die Ausgangsleistung ihrer Pickups von Bedeutung. Mit dicken Humbuckern zerrt es früher. Sehr viel Glitzern gibt es bei weiter aufgedrehtem Tonregler. Der Regler kann den Klang nicht grundsätzlich verändern, aber gerade der Höhenbereich lässt sich sehr schön an die Bedürfnisse anpassen. Und der Amp gibt immer eine schöne Rückmeldung, er "federt". Das macht Spaß und ist bei cleanen und verzerrten Sounds der Fall. Bässe sind meiner Meinung nach immer genügend da. Mit manchen Boxen kann es wie oben schon beschrieben sogar etwas schwammig werden. An einem Celestion Vintage 30 in einer offenen Box klingt der Amp aber z.B. schön straff untenrum. Insgesamt klingt es "englisch". Wie eigentlich natürlich zu erwarten in meinen Ohren auch so richtig schön nach Vox. Ich finde, der AC4TV bringt diesen typischen Ton in klein bzw. leiser rüber. Man bekommt, was man erwartet. Das Paperback Writer Riff auf den tiefen Saiten klingt z.B. sofort authentisch. Was bei Vox Amps oft sehr positiv beschrieben wird ist der Übergang vom cleanen Sound in die Verzerrung. Auch das klappt hier beim Kleinen sehr schön. Sozusagen kaum merkbar fließend und sehr gut mit dem Anschlag und dem Volume der Gitarre steuerbar. Ich kann zum Klang nichts negatives sagen. Eine passende Box bzw. den passenden Lautsprecher dran und alles ist gut. Wenn man die Gitarre bedienen kann, bekommt damit locker professionelle Sounds aufs Band oder auf die Festplatte. Vox aus der Handtasche! Ich kann das Topteil sehr empfehlen. High Gain ist nicht drin. Aber das ist ja auch ein Vox alter Schule. Für die härteren Sachen hat die Firma anderes im Programm. Hier ist bei satten Rock-Zerrgraden Schluss. Aber auch Pedale davor werden gut verarbeitet. Ein guter Zerrer davor kann noch einiges rausholen, wenn es denn sein muss oder soll.
Mein ganz subjektives Fazit:
© Bilder und Text, Dieter Stenzel, 10.08.2015
|
||