Traveler Guitar EG-1 Standard

 

 

                              

 

Wenn Gitarristen ohne Gitarre reisen, juckt es spätestens am dritten Tag mächtig in den Fingern. Jedenfalls ist das bei mir so und damit bin ich sicher nicht allein. Ich hab immer eine Telecaster im Gigbag mit, sofern ich mit dem Auto unterwegs bin. Ich hab aber auch nicht so ein großes Platzproblem. Keine Kinder, nur meine Frau ist dabei. Mit Kind und Hund und so weiter könnte es dann aber schon eng werden. Und außerdem geht es ja manchmal auch mit dem Flieger in den Urlaub, und da wird es dann richtig eng. Aber dafür gibt es ja sowas, wie dieses kleine rote Teilchen, das ich hier zum Test von Warwick Music Equipment geschickt bekommen habe. Reisegitarre nennt man das, die geht im Flieger als Handgepäck durch. Die Firma, die das schöne Ding herstellt heißt ganz passend Traveler Guitar. Das Testmodel ist die EG-1, die sozusagen die Les Paul der Firma darstellt, oder das Les Paulchen. Es gibt noch eine Reihe andere Modelle, z.B. auch ein an die Strat angelehntes. Und es gibt sogar auch einen Traveler Guitar Bass!

Um eine Gitarre klein zu machen, muss man sich was einfallen lassen. Insbesondere, wenn man die Mensur nicht kürzt. Die Mensur der EG-1 hat ganz normales "Gibson-Format", ist also aufgerundete 63 cm lang. Das ist natürlich in Sachen Bespielbarkeit klasse und zeigt auch an, dass man es hier nicht mit einem Spielzeug, sondern mit einer absolut vollwertigen Gitarre zu tun hat. Das Gefühl hat man auch, wenn man die Gitarre das erste Mal in die Hand nimmt. Klar, die ist kurz und sehr, sehr leicht, fühlt sich aber sehr hochwertig an. Der Hals und der Korpus sind aus Mahagoni, das Palisander Griffbrett ist laut Hersteller "ebonized". Das bedeutet, es ist dunkel, fast schwarz eingefärbt. Der Korpus ist hauchdünn seidenmatt lackiert. Der Hals ebenso, nur ist es dort farbloser Lack. Das fühlt sich klasse an, eigentlich so wie das pure Holz. Der Hals ist kein Dünner, das ist ein ganz schöner Klopfer mit einem C als Form, der gut in der Hand liegt. Gut für den Ton, denke ich. Die 21 Jumbo Bünde sind für mich perfekt eingebaut und abgerichtet, die Paula-mäßigen Trapez Inlays aus Kunststoff im Perlmuttlook sehen gut aus. Überhaupt ist die Verarbeitung klasse, ich hab da einfach nichts zum Rumnörgeln gefunden.

 

                           

 

Und was hat man sich nun zum Kleinmachen einfallen lassen? Zuerst einmal: Kopf ab nach alter Steinberger Sitte. Da kommen einem die Steinberger Paddel in den Sinn. Auf dem Halsende sitzt hier ein dickes, halbrundes Aluteil, in das die Saiten eingefädelt werden. Außerdem sitzt dort auch die Schraube für den Halsstab, der mit einem mitgelieferten Schlüssel justiert werden kann. Weiter unten sieht man das Teil auf einem Foto. Die Saiten laufen von dort über einen Kunststoff Sattel, der bestens gekerbt ist.

Wenn man eine Gitarre köpft, muss man sich Gedanken über die Mechaniken machen. Hier hat man diese mitten in den Korpus gepflanzt. Die Bedienung ist natürlich erst mal etwas ungewohnt, so mit spitzen Fingern von oben. Aber das funktioniert sehr gut. Die Anordnung der Tuner ist so, wie bei einer normalen Kopfplatte mit drei Stimmern pro Seite, man muss also nicht groß nachdenken, welcher Tuner zu welcher Saite gehört. Hinten laufen die Saiten über einen Rollensattel und eine große Umlenkrolle zu den Tunern.

Der Humbucker Pickup ist so ein P.A.F. mäßiger Vertreter. Kein High Output Brüller, sonder eher alter Schule. Dazu gibt es einen Ton und einen Volume als Regler. Damit kann es losgehen, Klinkenkabel rein und ab in den großen Amp, den kleinen Amp, den Modeling-Pocket Amp a la POD oder was auch immer. Muss aber nicht! Man kann auch einfach nur einen Kopfhörer per Mini-Klinke einstöpseln und ganz autark spielen! Deshalb das Batteriefach in der Rückseite, damit wird ein eingebauter Klangspender gefüttert!

Der kleine Kippschalter unter den beiden Potis kann Diesen aktivieren und seine zwei Sounds abrufen:  Clean und Verzerrt.
Neben der Kopfhörerbuchse findet man auch noch eine Aux In Buchse. Dort kann man ebenfalls über Mini-Klinke Audiosachen einspeisen. MP3s aus einem MP3 Player, Playalongs zum Üben etc. Eine feine Sache ist das. Das Anpassen der Lautstärken geschieht dann über den Volume der Gitarre und dem Lautstärkeregler des einspeisenden Gerätes. Zum Volume Regler der Gitarre ist noch zu sagen, dass er i.V. mit dem Zerrsound des eingebauten Klangspenders nur die Lautstärke regelt und nicht den Zerrgrad absenkt. Das ist natürlich praxisgerecht, denn voll aufgedreht kommt aus dem Ausgang je nach Kopfhörer ganz schön was raus und man will beim Absenken ja dann nicht auch weniger Verzerrung. Vor einem richtigen Amp funktioniert der Regler aber ganz normal, wie es sich gehört.

 

                             



Der Klang des On Board Amps ist knochentrocken. Wenn man z.B. zu über den Aux In eingespielten Sachen spielt, geht das. So ganz pur ist mir das aber zu trocken. Das ist aber natürlich ganz subjektiv jetzt und ist auch keine Kritik, denn die Sounds sind gut. Aber ich brauche über Kopfhörer immer etwas Hall, um mich wohl zu fühlen. Für mich wäre also immer noch so etwas wie der Pocket Pod mit im Gepäck. Der passt übrigens auch bestens in den mitgelieferten Gigbag, den ich hier jetzt mal erwähne, weil es gerade passt. Der ist aus schwarzem Nylon, ist ganz gut gepolstert, hat ein paar Taschen und ist mehr als nur ein dazu gepackter Billigheimer. Der ist richtig tauglich!

Zurück zum Klang des On Board Amps über Kopfhörer: Der Cleansound ist eher warm und rund als bissig, was über Kopfhörer ganz passend, weil unanstrengend ist, finde ich ganz subjektiv. Klingt sehr nach Paula. Der Zerrsound hat für mich recht eindeutig Marshall-Flair. Das klingt ziemlich gut und würde sicher auch für manche Recordings bestens passen. Kein High Gain, aber fast. Gar nicht übel, würde ich sagen. Das ist mehr, als ein reiner Notbehelf, falls nix anderes zur Hand ist.


      

Über einen "richtigen" Amp wird wieder sofort klar, dass das kleine Paulinchen eine vollwertige Gitarre ist. Schöne perlende Höhen klingeln da aus dem Fender Deluxe Reverb. Die Gitarre reagiert schön dynamisch, setzt um, was man mit dem Plektrum oder den Fingern vorgibt. Sie spielt sich, wie eine Große und ich würde sagen, wie eine wirklich gute Große! Mit der kann man auch locker auf die Bühne, zumindest, was den Klang und das Spielverhalten angeht. Optisch ist das dann natürlich etwas Besonderes.

Man kann sie umhängen, dann ist alles einen Tick weiter rechts als bei einer Fender-artigen Gitarre. Daran hat man sich aber schnell gewöhnt und wenn man nicht hinschaut, hat man gefühlt eine ganz normale Klampfe in der Hand. Wenn man aber hinschaut, sieht es so aus, als hätte man eine Lapsteel vorm Bauch. :-)

Verzerrt ist die Gitarre ein herrlich rockendes kleines Biest a la Les Paul Special oder so, trotz Humbucker mit einer Tendenz Richtung Telecaster. Dann jubelt es straff und höhenreich mit bestens passendem Fundament! Ich bin echt etwas erstaunt! Da sie ja nur den Steg-Humbucker hat, ist sie mehr der kompromisslose Rocker als der gediegene Blueser. Einen P90 da drin könnte ich mir auch sehr sehr gut vorstellen! Wär sie meine, würde ich wohl einen einbauen. Wie auch immer und auf jeden Fall: Mit dem Ding geht echt die Post ab!

 

Mein ganz subjektives Fazit:
Der Test hat mir enorm Spaß gemacht! Also wer viel unterwegs ist... Ich kann das Teilchen absolut empfehlen!

Vielen Dank an  Warwick Music Equipment  für das Zusenden der kleinen roten Schönheit.
Kaufen kann man sie zum Testzeitpunkt Dez. 2012 im Fachhandel und auch im  Warwick Online Shop

P.S.:
Wer es etwas vielseitiger möchte, sollte sich vielleicht auch die Strat-angelehnte Version EG-2 des Herstellers anschauen.
Die hat z.B. auch einen Halspickup am Start.
Und es gibt auch von der EG-1 verschiedene Versionen zu unterschiedlichen Preisen und aus unterschiedlichen Hölzern!
Was noch zu erwähnen ist: Die Gitarre ist, wie mittlerweile gefühlt fast alles in der Welt "Made in China".
Was für Qualität von dort mittlerweile so geliefert wird, ist wie in diesem Fall schon ziemlich überraschend.
Nicht überraschend, weil ich den Chinesen nichts zutraue, sondern überraschend aufgrund früherer Erfahrungen.

Zum Abschluss hab ich noch ein Foto zusammen mit meiner Lieblingstele gemacht, um die Größe der Traveler Guitar EG-1 Standard darzustellen. Ich denke, das kommt auf dem Bild ganz gut rüber.

 

 

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