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Thorndal Traditional SC Barny
Die Korpusform ist bekannt, klar. Aber man sieht schon auf den ersten Blick, dass diese Gitarre sozusagen ein etwas anderes Exemplar dieser Gattung ist. Der Korpus sieht abgesehen von der typischen Form nicht nur ungewöhnlich aus, er ist es auch durch und durch. Er ist völlig nackt, rau und roh im wahrsten Sinne des Wortes. Nur eine Ölung hat er mitbekommen, was sich übrigens sehr wohlriechend bemerkbar macht. Mein erster Eindruck beim Öffnen des Koffers war: Das riecht ja lecker! Die typische Optik von Erle, Esche, Mahagoni und Ahorn kennt man so ungefähr und kann sie vielleicht auch auseinander halten. Das hier sieht aber völlig anders aus. Des Rätsels Lösung: Der Korpus ist aus Kiefernholz. Angel Pine nennt das der Hersteller. Der baut die Thorndal Gitarren übrigens in Deutschland, genauer gesagt in Thiersheim und heißt Gregor Olbrich. Handarbeit aus Germany: www.thorndal.de Die allerersten Tellies, die Leo Fender gebaut hat waren auch aus Pinie bzw. Kiefernholz. Er hatte damals Probleme mit dem Harz, das bei Nadelhölzern ja nun mal leider da ist. Es klebte und das Lackieren war dadurch sicher auch problematisch. Also sattelte er um auf Esche, Erle kam glaube ich erst später dazu. Gregor Olbrich hat gute Hölzer einer bestimmten Kiefernart gefunden, die den Gitarrenbau ermöglichen. Am zweiteiligen Body der Testgitarre ist kein Harz zu finden. Ich denke, es wäre auch möglich, das Holz glatt zu schleifen. Hier ist die raue Holzstruktur aber regelrecht hervorgehoben. Man sieht diese ganzen feinen Maserungslinien nicht nur, man fühlt sie auch. Das ist sehr ungewöhnlich, so was hatte ich noch nie in der Hand. Es fühlt sich aber durchaus gut an.
Der Hals kommt optisch ganz traditionell daher. Ich dachte zuerst, er wäre seidenmatt lackiert. Der Einteiler aus Ahorn hat aber auch das Öl-Finish, das sich Satin Silk nennt. Der Spannstab ist von hinten eingesetzt, der typische so genannte Skunk Stripe ist zu sehen. Der Spannstab ist über die Kopfplatte zugänglich. Die Stärke ist nicht übertrieben, vergleichbar mit den Hälsen meiner beiden Mexico Teles. Ich fühlte mich damit sofort wohl. Er hat dicke hohe Jumbo Bünde, davon einen mehr als eine "Vintage" Fender, also 22. Die Griffbrettwölbung ist modern flach gehalten. Dass diese Gitarre hier keine 0815 Stangenware ist, merkt man z.B. daran, dass man von den Bundenden nichts spürt, wenn man am Hals entlang streicht. Bestes Handwerk ist das! Ein Blick auf die Halstasche zeigt das auch. Zwischen Hals und Korpus passt da kein Blatt Papier.
Die typischen Kluson Mechaniken mit dem Loch im Schaft sind leicht "geaged", so wie die anderen Metallteile der Gitarre auch. Das einlagige Pickguard hat eine eigenständige Form und auch der Toggle Switch ist nicht typisch Tele, aber ganz klar besser zu bedienen. Ich hab auf meinen beiden Teles den "normalen" Tele Switch und bau auch nicht um, aber wenn man so eine mit einem Toggle mal in der Hand hat, dann ist schnell klar, dass das eigentlich die viel bessere Variante ist. Der Toggle Switch schaltet hier ganz normal die Pickups einzeln und in der Mittelstellung beide zusammen. Das Logo auf der Kopfplatte ist ein richtiges Brandzeichen. Das ist mit einem heißen Stempel eingebrannt und sieht sehr gut aus, finde ich. Auch die Form der Kopfplatte mag ich. Natürlich ist die dem Fender-Original ähnlich, aber im direkten Vergleich doch recht eigenständig. Die Gurtpins haben eine Sicherungsschraube sozusagen. Das sind Kluson Multi Lock, eine feine und vor allem sichere Sache. Der typische Steg hat ganz traditionell drei Messingreiter parat und eine glatte Umlaufkante. Bei den Fender "Stangenteles" ist die Kante an den hinteren beiden Ecken meist rau, was unangenehm für den Handballen ist. Hier ist alles Handballenfreundlich. Die Saiten werden Tele-typisch durch den Korpus gezogen.
Der Bridge Pickup ist von Thorndal, hat flache Polepieces und heißt Southern T. Der Neck Pickup ist ein Mini Humbucker von David Barfuss. Beide Pickups stehen der Gitarre ausgesprochen gut, dazu mehr weiter unten. Ein ganz normaler Volume Regler ist da und dazu gesellt sich ein nicht ganz so normaler Tone Regler. Der entpuppt sich als PushPush Poti für die so genannte AV-Schaltung, dazu auch mehr weiter unten. Die Thorndal SC Barny ist sehr leicht, deutlich leichter als meine beiden Mexico Teles. Ich bin mir sicher, dass ich noch nie eine leichtere Tele in der Hand hatte, es sei denn, sie war hohl. Ich hätte gedacht, dass Kiefernholz eher weich wäre, aber der Korpus der Testgitarre macht alles andere als einen weichen Eindruck. Unverstärkt ist diese Gitarre etwas lauter im Vergleich zu meinen beiden Teles. Am ehesten passt der Vergleich zu meiner Esche/Mapleneck, die Erle/Palisander klingt dunkler. Die Thorndal strahlt und funkelt sozusagen aber deutlich mehr, meine 50´s klingt kompakter und nicht ganz so transparent. Ob das am fehlenden Lack oder nur am Korpusholz liegt? Wer weiß... Meist wird ja gesagt, den größten Anteil am Klang hat der Hals der Gitarre. Dieser hier an der Testgitarre ist dann offensichtlich ein sehr guter Kandidat. Das strahlt und perlt wirklich klasse. Die Gitarre spricht sehr schnell an und man kann den Ton wunderbar formen. Überall am Korpus spürt man wie alles schwingt. Ziemlich deutlich mehr als bei meinen beiden lackierten Teles. Man hat wirklich das Gefühl, der Korpus kann befreit aufatmen sozusagen. Die Gitarre schwingt mehr. Natürlich ist jedes Mehr an Resonanz bzw. Schwingung sozusagen mehr gestohlene Saitenenergie. Aber gerade das macht eben den spezifischen Klang jeder Gitarre aus. Und dieser hier tut diese starke Resonanz sehr gut, sie klingt wirklich klasse. Ganz klar typisch Tele, aber sehr frisch und luftig sozusagen, agiler und spritziger als meine beiden Teles. Am Verstärker setzt sich dieser Eindruck fort, die beiden Pickups bringen das gut rüber. Alles Tele-typische geht natürlich wunderbar, Country Twang über den Bridge Pickup perlt und klingelt großartig. Der Output des Thorndal Southern T ist moderat, vergleichbar mit dem Fender CS Nocaster Pickup in meiner 50`s. In meiner anderen Tele habe ich z.B. einen Van Zandt Vintage Plus, der pustet deutlich mehr. Der Mini Humbucker am Hals klingt etwas wärmer, dicker und runder als die normalen Hals Single Coils, was natürlich nicht wundert. Das ist ein Blues Monster! Tellie mit Humbucker ist was Feines. Der wärmere Ton in Verbindung mit dem typischen Tele-Knack hat einen ganz eigenen Charakter. Das ist im Grunde so ungefähr das, was besonders guten alten Les Pauls immer nachgesagt wird. Transparenz, Luftigkeit, Sustain, gute Ansprache und trotzdem Wums. Da könnte man ketzerisch fast sagen: Wenn Du sowas suchst, dann nimm doch einfach ne gute Tele mit Humbuckern. ;-) Auch verzerrt geht die Post ab. Ich würde nicht sagen, dass das eine High Gain Gitarre ist, das ist einfach nicht wirklich das Metier dieses Modells. Alles darunter geht aber bestens. Stones-Riffs gehen natürlich locker, schließlich bediente der gute Keith dabei meist eine ähnliche Gitarre, oft auch mit einem Humbucker am Hals. Der Humbucker singt wunderbar. Warm aber nie in der Gefahr zu dumpf zu werden. Der Steg Single Coil hat dagegen immer was raues, kehliges im Sound, das die Gitarre etwas aggressiver klingen lässt. Die Mittelposition vereint beides zu einem eigenständigen guten Sound. Das Lautstärkeverhältnis der beiden zueinander ist gut abgestimmt. Oftmals ist das gerade bei Tellies mit normalem Stegpickup und einem Humbucker am Hals etwas problematisch, hier nicht.
So, und nun ein kleines Rätsel: Zwei Bildchen, wo ist der Unterschied?
Richtig geraten, bravo! Der Tonregler! Wie oben schon geschrieben ist das ein PushPush Poti. Drückt man drauf, kommt es hoch, drückt man noch mal, geht es wieder runter. Damit aktiviert man die bei den Thorndal Gitarren optionale AV-Schaltung. Beim ganz aufgedrehtem Volumenregler macht die nichts. Hier geht es um das Verhalten des Volume Potis beim Regeln. Oft gibt es dabei einen Höhenverlust. Eine Möglichkeit das zu kompensieren ist ein Kondensator, der die Bassanteile beim runter Drehen dämpft. Hier hat man per PushPush Poti sozusagen zwei Varianten zur Verfügung. Je weiter man das Volumen runter dreht, desto größer wird der Soundunterschied. Man hat im Grunde per Knopfdruck einen etwas dünneren und einen unten herum und auch in den Mitten etwas dickeren Sound zur Verfügung. Bei beiden Varianten gibt es keinen Höhenklau. Für Leute, die viel mit dem Volume Regler arbeiten ist das eine wirklich klasse Sache!
Mein subjektives Fazit:
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© alle Bilder und Text, Dieter Stenzel, 12.11.2013 |