Hughes&Kettner Tube Factor



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Alle kennen ihn, alle mögen ihn und eigentlich ist er schon legendär. Der Tube Factor ist sehr beliebt und man hört fast nur positives über ihn. Dass er lange in meinem Overdrivetest fehlte, hatte seinen Grund. Gleich als er auf den Markt kam habe ich mir einen gekauft und dann nach zwei Tagen wieder zurück zum Händler gebracht. Er gefiel mir nicht. Gar nicht mal aufgrund des Klangs, sondern hauptsächlich wegen des Lautstärkesprungs zwischen Factor 1 und 2 und weil kein Höhenregler vorhanden war/ist. Mittlerweile ist eine ganze Zeit vergangen und ich habe für einen Test einen Tube Factor leihweise (Dank an Edin aus Berlin) zur Verfügung. Es handelt sich hier um die Urversion ohne blaue Displaybeleuchtung. Dieser Test ist also vielleicht etwas subjektiver als die meisten anderen in diesem Overdrivetest.

Die Ausstattung des Röhrenpedals:
drei Potis für Drive, Output und Voicing. Ein On/Off Schalter, ein Schalter für die Wahl zwischen Factor 1 und Factor 2. Zu jedem Schalter gehört eine LED, die erste grün, die zweite rot. Eine Remote Buchse gibt es an der Stirnseite des Pedals zwecks On/Off-Fernsteuerung mit einem zusätzlichen Schaltpedal. Ein-  und Ausgangsbuchsen und der Netzteilanschluss sind ebenfalls an der Stirnseite zu finden. Aufgrund der Röhre ist ein Batteriebetrieb nicht möglich, ein Netzteil gehört aber zum Lieferumfang.

Das Pedal ist nicht gerade klein und wirkt fast unzerstörbar. Die Potis sitzen versenkt und sind dadurch vor Tritten geschützt. Die Verarbeitung ist ohne rot zu werden als gut zu bezeichnen.

Laut Manual ist der Tube Factor nicht unbedingt nur als Verzerrer gedacht, sondern man kann ihn auch als cleanen "Soundverbesserer" benutzen, z.B. um einem Transistorverstärker etwas Röhrenschönklang zu verpassen. Dazu stellt man den Drive Regler ungefähr bis zur neun Uhr Stellung ein, der Klang ist bis dahin auch mit Humbucker bewaffnet noch clean. Der Outputregler kann bei Bedarf jetzt genug ausgeben, um nach Boosterart dem folgenden Verstärker ordentlich Dampf zu verpassen, oder es lässt sich auch eine moderate, bzw. eine dem Bypass gleiche Ausgangslautstärke einstellen, um nur den Sound zu verschönern. Ausprobiert habe ich das mit meinem kleinen Roland Micro Cube und meinem digitalen Hughes&Kettner Zenamp. Beim Micro Cube war für mich ein Zuwachs an Tiefe und Wärme im Sound durchaus vorhanden. Beim Zenamp klang es für mich eher, als würde der Ton etwas in Watte gepackt. Es klingt etwas wärmer, ob das besser ist bleibt Geschmackssache.

Schaltet man in dieser Einstellung mal um auf Factor 2 passiert das, was mich damals ziemlich gestört hat. Der Outputsprung ist dann derart heftig, dass mir der kleine Micro Cube fast vom Tisch hüpft und sein Lautsprecherchen ausspuckt. Das Verhältnis zwischen den beiden Stufen ist leider weder in Bezug auf den Zerrgrad noch auf den Output regelbar. 

Dieser Outputzuwachs zwischen den beiden Stufen wird aber geringer, je weiter man den Drive Regler aufdreht. Ist Drive ganz aufgedreht ist die Abstimmung dann auch für mich absolut passend. Der Zerrgrad im Factor 1 ist dann recht satt, er entspricht in etwa einem halb aufgedrehten Tube Screamer oder Boss SD-1. Er klingt aber transparenter, breiter als die genannten Pedale und vor allem ist Reaktion auf den Anschlag und das Volumepoti der Gitarre eine ganze Ecke besser. Der Tube Factor ist sehr dynamisch, ungefähr vergleichbar mit einem OKKO Diablo. Er hat auch klanglich viel mit diesem Pedal gemeinsam, der Tube Factor klingt wie der Diablo eher aggressiv als warm und friedlich.

Sehr flexibel ist er dabei nicht. Der Voicing Regler bearbeitet den Mittenbereich von etwas topfig bei Linksanschlag über eher ausgedünnt auf 12 Uhr bis etwas gepresst bei Rechtsanschlag. Die Höhen und die Bässe werden nicht nennenswert beeinflusst. In Bezug auf die Höhen gefällt mir das nicht so. In Verbindung mit einem cleanen einkanaligen Fenderamp wird es für mich leicht ein bisschen zu höhenlastig mit dem Tube Factor als Zerrer. Ich finde, er ist am besten vor einem bereits zerrenden Röhrenamp aufgehoben. Am besten schon in Verbindung mit leichter Endstufenzerrung, weil der Outputzuwachs zwischen Factor 1 und 2 dann nicht in Lautstärke sonder in mehr Verzerrung umgesetzt wird.

Factor 2 ist deutlich zerrintensiver als Factor 1. Ich habe öfter Meinungen gelesen, der Factor 2 würde schlechter klingen als der Factor 1, weil er keine reine Röhrenschaltung mehr darstellt. Ich hatte beim Vergleich eher den Eindruck, dass sich der Grundklang und Charakter abgesehen vom Plus an Verzerrung und Output nicht allzu sehr verändert. Der erreichbare Zerrgrad ist hier im zweiten Factor recht hoch und müsste eigentlich für fast alle Belange reichen. Die bessere Dynamik und der breitere, transparentere Klang beispielsweise gegenüber einem Tubescreamer oder einem Boss SD-1 bleiben auch hier erhalten. In der Hinsicht spielt das Pedal von Hughes&Kettner doch recht deutlich in einer anderen Liga als die genannten Pedale.

Merkwürdig finde ich die Anordnung der In und Out Buchsen. Sie liegen meiner Meinung nach schlicht falsch herum. So ziemlich bei allen anderen Pedalen ist der Input rechts und der Output links. Diese andere Anordnung kenne ich sonst nur noch vom Ibanez Tube King. In Verbindung mit den meisten anderen Pedalen muss man die Kabel überkreuzen, was nicht unbedingt sein muss und nur zu noch mehr Kabelsalat auf dem "Stressbrett" führt.

Ein ganz subjektives Fazit:
Ich bin immer zwar noch nicht so richtig warm geworden mit dem Tube Factor, aber so viele andere Gitarristen können nicht irren. Das ist ein gutes Pedal.