Epiphone Valve Junior Topteil

 

                    

Made in China macht es möglich. Wie auch immer man dazu stehen mag, ein Vollröhren-Topteil für ca. 130 Euro ist schon ein ziemlicher Hammer. Insbesondere, wenn es auch noch so hübsch aussieht und so gut verarbeitet ist wie das kleine Epiphone Top. Über das Aussehen kann man natürlich geteilter Meinung sein, über die Verarbeitung nicht. Die ist wirklich klasse.

Bei der Ausstattung hat man extremst gespart. Abgesehen von den luxuriösen drei Speaker-Ausgängen in der Rückseite hat man wirklich so ziemlich alles weggelassen, was man weglassen kann. Ein einsamer Regler ziert die Frontplatte, nur die Lautstärke ist regelbar. Mit dem Klang muss man sich also erst mal abfinden, dazu weiter unten mehr. Es gibt nur einen Eingang und auch keinen Standby Switch.

Auch mit Wattzahl und Röhren ist man sparsam umgegangen. Die einzelne EL84 in der Endstufe glüht sich gerade mal 5 Watt heraus, was aber äußerst angesagt ist. Solche kleinen Brüller sind momentan groß in Mode.
Der Grund ist Endstufenzerrung bei erträglicher Lautstärke, wobei sich so mancher wohl wundert, wie Laut 5 Watt dann doch sind. Das brüllt ganz ordentlich und ist voll aufgedreht nicht mehr als Wohnzimmergerecht zu bezeichnen. Insbesondere, wenn das kleine Topteil versucht, sich auf einer 4x12 Box breit zu machen.

 

 

Die Rückfront ist vor allem durch die drei Speaker-Buchsen interessant. Mit der Möglichkeit 4, 8 oder 16 Ohm Boxen bzw. Lautsprecher anzuschließen ist man für alles gewappnet. Egal ob 1x12, 2x12, 4x12 oder alles in Größe 10 oder 15, was auch immer, man muss schon ziemlich suchen um etwas nicht passendes zu finden. Bevor es weiter unten zum Klang geht, gibt es noch einen kleinen bildhaften Eindruck von der sehr sparsam bestückten Frontplatte.

 

Jetzt geht es ans Eingemachte, ans Wichtigste, an den Klang. Und leider gibt es ausgerechnet hier einen Dämpfer im wahrsten Sinne des Wortes, denn auch dort hat sich Sparsamkeit eingeschlichen. Und zwar hat man die Höhen leider etwas unterschlagen. Ehrlich gesagt sogar so sehr, dass der kleine Amp für mich ganz subjektiv so wie er aus dem Karton kommt unbrauchbar ist. Es klingt einfach zu dumpf. Da hilft auch das Argument nicht, der Amp sei für Zerrsounds ausgelegt, die weniger Treble benötigen. Auch voll aufgedreht, also mit maximaler ziemlich satter Zerre, klingt er mir viel zu matt. Cleane Sounds, die bis zu einer noch brauchbaren Üblautstärke durchaus drin sind, sind erst recht zu bedeckt. Mit Strat oder noch besser Tele geht es vielleicht für manchen gerade noch so, mit einer Paula oder einer ES kann ich es mir nicht wirklich vorstellen. In der Disziplin "einfach einstöpseln" ist der kleine bei mir also leider mit Pauken und Trompeten durchgefallen. Wo wir gerade bei Trompete sind: er klingt in meinen Ohren wie eine zugestopfte Tröte.

Aber da steckt trotzdem Potenzial drin. Es gibt ein paar Internetsites, in denen Lötarbeiten sehr gut erläutert werden, die dem kleinen den Mumpf austreiben sollen. Dazu einfach nur Epiphone Valve Junior Mods googln, die findet man dann schon. Der kleine und günstige Amp mit viel Platz im Inneren ist sicher eine gute Basis für erste Einblicke in die Röhrentechnik und erste Lötereien, vor denen aber aus bekannten "hochspannenden" Gründen trotzdem gewarnt werden sollte.

Zuerst wollte ich auch löten, habe es dann aber gelassen. Und zwar weil es auch anders und ganz gefahrlos geht. Und zwar mit einem Equalizer in Treterform z.B., oder mit einem Treble Booster. Ich habe einen TAD Range King, mit dem der Valve Junior förmlich aufblüht. Plötzlich sind die Höhen da und Transparenz und Dynamik stellt sich ein. Das passt und klingt gut, sogar beim cleanen Sound. Sogar noch etwas besser ging es mit meinem Prescription Overdriver, den ich sehr mag. Ein Booster/Fuzz mit gehörig Dampf und außerdem einer sehr hilfreichen Treble- und Bass Regelung (Testbericht im Overdrivetest in dieser Site). Damit hat der kleine Amp plötzlich alles, was ihm oben, unten und sonst wo fehlt und er reagiert sogar richtig nett auf das, was rein kommt. Wobei allerdings der Preis von 130 Euro in der Dynamik weiterhin bemerkbar bleibt. Im natürlich angesichts des Preises nicht ganz fairen direkten Vergleich zu einem guten "großen" und ein vielfaches teureren Röhrenamp gerät er da dann ins Hintertreffen. Trotzdem, es klingt so und vor allem für den Preis wirklich ganz passabel. Aber eben leider nicht so ganz pur ohne Hilfsmittel nur mit Kabel und Gitarre bewaffnet. Ob er trotzdem den Preis wert ist, bleibt daher Ansichtssache. 

Meine subjektive Meinung: lieber doch noch etwas sparen und was anderes suchen und dabei ruhig auch mal Röhre Röhre sein lassen und bei den Modellern reinschauen und vor allem reinhören. Im unteren Preissegment ist man da meiner bescheidenen Meinung nach doch eine Ecke besser und viel vielseitiger bedient.

 

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