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Danelectro ´63 Guitar
Die amerikanische Warenhauskette Sears & Roebuck ließ sich von Danelectro von 1962 bis ca. 1966 ein Gitarrenmodel bauen, dass unter dem Hauslabel Silvertone vertrieben wurde. Die Gitarre kam 1962 mit einem Pickup und ab 1963 auch als Modell mit zwei Pickups auf den Markt. Die Modelle hießen 1448 und 1457, wurden in verschiedenen Silver Flake Lackierungen verkauft und hatten Lipstick Pickups. Eine Besonderheit war, dass die Gitarren mit einem kleinen spartanischen, in den Gitarrenkoffer integrierten Röhrenverstärker verkauft wurden. Dieses Billig-Gitarrenmodell wurde von Danelectro jetzt wieder aufgelegt und wird seit 2008 in "modernisierter" Form als Reissue in acht verschiedenen Farbvarianten wieder angeboten. Der Koffer ist heute aber nicht mehr im Preis mit drin, der kleine Verstärker leider auch nicht.
Gebaut wird die Gitarre in China. Die
ungewöhnliche Bauart entspricht dem alten Modell. Der Korpus besteht aus
einem Sperrholzrahmen mit Sperrholz-Centerblock. Der Boden und die Decke
sind aus sogenanntem Masonite, was nichts anderes ist, als eine Art
Pappe aus unter Dampf verpressten Sägespänen. Der eingeschraubte Hals hat nicht viel mit dem Original zu tun. Die Mensurlänge liegt zwischen Gibson und Fender, das Original war eine 3/4 Gitarre mit kürzerer Mensur. Allein das dürfte schon einen deutlichen Unterschied im Klang ausmachen. Der Hals ist wie der Rest der Testgitarre (die ich für 245 Euro bei Thomann gekauft habe) auch mattschwarz lackiert. Er ist ziemlich dick und rund, der Griffbrettradius ist eher flach. Das dicke Palisandergriffbrett macht einen ganz hübschen Eindruck. Die 19 Jumbo Bünde geben auch keinen Grund zum meckern. Der Sattel ist aus Aluminium und gerade so eben brauchbar gekerbt. Die Hardware ist mattsilber, was irgendwie gar nicht zur Vintageoptik passen will. Nickel wäre deutlich schöner gewesen. Die Zargen sind wie beim Original mit einem dicken Klebeband verziert.
Die beiden Lipstick Pickups lassen sich über einen Toggleswitch mit drei Positionen ansteuern. Im Gegensatz zu den doppelstöckigen Potis des Originals gibt es hier nur zwei einfache Regler. Einer für den Output und einer für den Ton. Das Schlagbrett ist ein dickes, billig aussehendes Teil, das genau wie das Zargen-Klebeband leicht angegilbt aussieht oder aussehen soll. Das Original hatte einen einfacheren Holzsteg auf einer Metallgrundplatte. Hier gibt es einzelne verstellbare Reiter. Insgesamt sieht die Gitarre richtig schön billig aus. Man darf sich nichts vormachen, hier hat man es wirklich mit billigster, aus schlechten Komponenten und Materialien zusammengeschusterter China-Massenware zu tun. Wer sich hier eine gute Gitarre zurechtredet, der hat einen an der Waffel. Ich habe sie mir nur wegen der Form gekauft, die ist einmalig und die Originale haben mittlerweile ganz schön happige Preise. Die Komponenten sind wirklich schlecht. Die beiden Potis sind eher Schalter, die erst mal kaum etwas tun, um dann irgendwo auf dem letzten Ende des Regelweges von laut auf leise bzw. von normal auf dumpf schalten. Die Tuner laufen alles andere als rund. Die Bundabrichtung geht so, man kann eine relativ flache Saitenlage einstellen und der Hals ist dann auch ganz gut bespielbar. Mir war das egal, ich habe mir die Gitarre zum Slide-Spielen gekauft.
Wie klingt sie nun, die hübsche Billigpappe? Wie zu erwarten ein wenig "anders". Erst mal fällt auf, dass sie in den Positionen Hals- und Neckpickup allein nicht gerade laut und dick tönt. Die Lipsticks haben wenig Output und sind natürlich ganz sicher auch nicht gerade von hoher Qualität. In der Mittelposition gibt es aber einen deutlichen Lautstärkesprung, das tönt deutlich lauter und dicker. Darüber, ob das praxisfreundlich oder eher störend ist lässt sich streiten. Die Klangentfaltung ist perkussiv und man hört, dass die Gitarre hohl ist. Das Sustain ist nicht sehr lang, aber überall gleichmäßig, eine akustische Komponente hört man immer heraus. Im Vergleich zu meinen anderen E-Gitarren ist die Telecaster als Vergleich noch am nächsten dran. Die Danelectro klingt höhenreich und spritzig, ohne dabei in den Mitten und Bässen zu mager rüber zu kommen. Wenn ich wechselweise meine Tele und die Danelectro spiele, kommt aber doch recht deutlich ein Unterschied in der Dynamik und in der Klangqualität zu Tage. Ich habe dabei keine besonders hochwertige Tele zum Vergleich herangezogen, (es ist die weiße Classic 60 Tele aus Mexico, die auch einen Testbericht in dieser Website hat) aber die Danelectro hinkt dann doch ziemlich hinterher. Die Tele klingt um Längen edler, dynamischer und es lässt sich beim Spielen viel mehr "Feeling" herausholen. Bei der Danelectro kann man richtig reinhauen oder nur ein bisschen streicheln, der Unterschied ist dann nur etwas mehr oder weniger Lautstärke. Das billige Material macht sich deutlich bemerkbar. Für das Slide-Spiel eignen sich solchen
trashigeren Klampfen ganz gut, sagt man. Stimmt auch, da kann es ruhig
billig und klirrig klingeln. Die Danelectro steht jetzt in open D
gestimmt mit höherer Saitenlage neben meinen anderen Gitarren und ich
habe Spaß damit. Und sie sieht, wenn auch irgendwie billig, in
meinen Augen gut aus. Aber soll man so eine Gitarre kaufen? Auch wenn
ich sie behalte, damit Slide spiele und die Form mag: nein, ich kann
nicht wirklich dazu raten. Nachtrag:
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© alle Bilder und Text, Dieter Stenzel, 15.02.2009 |