BluGuitar Amp1


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

( Serviervorschlag )

 

Mit dem Amp1 bringt der Macher Thomas Blug im Januar 2015 ein Verstärker-Konzept auf den Markt, das alle, auch professionellen Ansprüche an einen Gitarrenamp erfüllen soll und dabei sozusagen locker leicht im Handtäschchen zu transportieren ist. Nötig zum Lautmachen ist lediglich eine Box mit Lautsprechern oder ggf. ein Mischpulteingang.

Das ist etwas, was mich gleich als ich davon gehört habe sofort angesprochen hat! Keinen schweren Verstärker mehr zum Proberaum zu schleppen bzw. keinen Verstärker mehr im Proberaum stehen lassen zu müssen ist für mich eine verlockende Vorstellung. Im Proberaum steht nur noch die Box, die dann auch zum Gig leichter zu transportieren ist, als ein kompletter Gitarrenamp. Das wäre klasse.

Vorweg kann ich sagen, in Sachen Ausstattung und Möglichkeiten hat das Amp1 Pedal alles parat, was dafür notwendig ist. Für mich als "nicht ohne Hall könnender" ist sogar ein Reverb an Bord.

Das Gerät trotzt dem digitalen Zeitalter, es ist analog. Nicht, dass ich selbst mit etwas digitalem zur Klangformung darin ein Problem gehabt hätte. Aber manch anderer hätte, deshalb soll das hier auch gesagt sein.

Die Endstufe des kleinen Gerätes hat 100 Watt. In ihr arbeitet zur Soundformung eine Nanoröhre.
Zur Lebendauer dieses kleinen Kolbens schreibt der Hersteller, dass diese die des Benutzers wahrscheinlich übersteigen sollte. Das ist beruhigend und zugleich beunruhigend irgendwie. ;-)
Lautstärke ist für jede Situation genug vorhanden. Ich hab alles ausprobiert, im Proberaum viel zu laut zu sein, war überhaupt kein Problem. Das könnte ich von meinen Mitmuckern auch schriftlich haben. :-)

Vier Sounds bzw. Kanäle gibt es. Zwei davon sind in der Grundeinstellung mit den Fußschaltern des Amp1 direkt schaltbar. Dazu ist in der Grundeinstellung der linke Schalter da. Der schaltet zwischen dem Clean und einem der drei weiteren Kanäle, die unter dem Begriff Overdrive zusammengefasst sind. Welcher der weiteren drei das sein soll, stellt man über den Drehknopf links neben den beleuchteten Kanal-Bezeichnungen Vintage, Classic, Modern ein. Der mittlere Fußschalter schaltet einen sehr schönen, gut regelbaren Boost dazu. Der rechte macht den Hall an oder aus.

Grundeinstellung? Ja, denn es gibt noch die Möglichkeit, den drei Fußschaltern jeweils ein persönliches Preset zuzuordnen. Presetmodus heiß das. In diesen Modus kommt man, indem man das Pedal mit gedrücktem Reverb Taster einschaltet. In den Grundmodus zurück kommt man dann wieder auf die gleiche Weise. Im Presetmodus hat man dann also drei Plätze für selbst gestaltete Einstellungen des jeweils im Preset gewählten Kanals zur Verfügung. Dabei kann auf jedem Preset auch eine Boost und Reverb Einstellung abgespeichert werden. Das wäre wohl meine bevorzugte Bedienungsmethode, denn ich komme locker mit drei Sounds aus.

Vielleicht bin ich ja manchmal ein bisschen doof, aber zum Preset Mode halte ich ein paar erklärende Sätze für wichtig. Für mich subjektiv war das Manual dahingehend nicht ganz verständlich. Das Programmieren bzw. Erstellen der drei Sounds für den Preset Mode geschieht im normalen Modus! Erst danach schaltet man dann das Gerät mit gedrücktem Reverb Schalter ein und hat diese drei Sounds dann im Preset Modus parat.
Verwirrend ist dann auch, dass im Preset Mode nicht der gerade aktive Schalter leuchtet, sondern die eingestellte "Soundversion". Man sieht also nicht, welcher der drei Fußschalter eingeschaltet ist. Letzteres steht aber auch so im Manual.

Für umfangreichere Schaltmöglichkeiten sind Zusatzgeräte des Herstellers da, die nicht weiter Bestandteil dieses Testberichts sind. Da gibt es ein Remote1 genanntes Pedal mit 10 Fußschaltern für alle gewünschten Aufgaben und Preset-Speicherungen, das zudem auch noch ein Power Soak beinhaltet. Dann gibt es noch einen Midi-Adapter und ein Looper Kit mit 4 True Bypass Loops für die Einbindung von Effektgeräten/Pedalen, das über das Remote1 Pedal steuerbar ist. Außerdem kann man aber auch einen ganz normalen Einzel- oder Doppelfußschalter an das Gerät anschließen. Damit hat man zusätzlich zu den drei Presets im Presetmode noch die Wahl zw. Clean/Overdrive und Boost on/off. Clean/Overdrive bedeutet Clean Kanal oder einer der drei weiteren Kanäle.

Für die vier Kanäle gibt es auf der Bedienfläche eine gemeinsame Klangregelung mit Bass, Middle und Treble. Diese Klangregler arbeiten ohne sich gegenseitig zu beeinflussen. Der Clean Kanal hat einen eigenen Volume Regler. Die drei anderen Kanäle teilen sich Gain und Master. Für die allgemeine Ausgangslautstärke ist dann der Master rechts oben zuständig. Ganz rechts findet man den Reverb Regler für die Intensität des bordeigenen Halls.

Das ist in Sachen Klanggestaltung aber noch nicht alles. In der linken Gehäuseseite findet sich noch weiteres Regelwerk für die Kanäle Clean, Classic und Modern. Clean hat hier noch einen weiteren Tonregler, die anderen beiden jeweils einen Volume und einen Tone. Der Kanal Vintage geht hier leer aus, er gilt sozusagen als Basis zur Anpassung der drei anderen Kanäle, deren Charakter hier noch gehörig beeinflusst werden kann. Mehr dazu weiter unten in den Soundbeschreibungen.

Weiterhin gibt es in der Gehäuseseite noch einen Charakterregler für den Boost und eine Schaltung parallel/seriell für die Effektschleife, deren Buchsen sich oben in der Stirnseite des Pedals befinden. Und zu guter Letzt lässt sich noch das integrierte Noise Gate des Amp1 bedienen. Es gibt die Stellungen off/soft/metal. Also aus und/oder zwei Intensitäten.

Jetzt noch zur Stirnseite des Pedals: Links ist die Inputbuchse gefolgt von den beide Buchsen der Effektloop. Die Loop Send ist auch als Line out verwendbar, die Return auch als Line in z.B. für den Anschluss anderer Vorstufen/Preamps. Dann kommt der Rec.Out., der auch als Kopfhöreranschluss nutzbar ist. Hier gibt es eine Speakersimulation. Zum Aufnehmen oder beim Spielen mit Kopfhörer kann der Amp1 ggf. "silent" benutzt werden, also ohne angeschlossene Box. Allerdings hat die Interaktion mit einem Lautsprecher laut Hersteller auch Einfluss auf den Rec.Out Sound.

Dazu kommen in der Stirnseite noch zwei Speaker Outs, 1 x 8 Ohm und 1 x 16 Ohm. Daneben ist die Remote Buchse für den Anschluss vom oben genannten Remote1, Midi1 und normalen Fußschaltern. Ein kleiner Switcher daneben schaltet das Gerät ein und aus. Die Netzbuchse kann Voltzahlen von 100 bis 240 aufnehmen, das Gerät ist also überall auf der Welt nutzbar. Man braucht nur ein Kabel mit dem jeweils landesüblichen Stecker. Das Gerät hat einen Lüfter, dessen Ausgang in der Stirnseite sitzt. Der Ausgang sollte natürlich immer frei sein, um eine ev. Überhitzung zu vermeiden. Der Lüfter ist ziemlich leise, der stört eigentlich in keiner Situsation.

So, ich glaube, das dürfte alles wissenswichtige in Sachen Ausstattung sein und ich kann jetzt endlich zum wirklich spannenden Teil kommen: Wie klingt das Ding?

Dazu ist natürlich zu sagen, dass das sehr von den verwendeten Lautsprechern bzw. der verwendeten Box abhängt! Was aber wiederum auch bedeutet, dass man gerade damit in verschiedene Richtungen gehen kann und somit auch seine eigenen Hörgewohnheiten und seinen eigenen Geschmack mit einbringen kann.

Ich habe das Pedal als erstes an die beiden Celestion Greenback Speaker in meinem Marshall Bluesbreaker Combo angeschlossen, was natürlich eine klare Ansage in Richtung "britischer" Sounds ist. Alle Klangregler oben auf der Bedienfläche habe ich dabei neutral eingestellt, also sozusagen auf 12 Uhr und die Regler in der Gehäuseseite erst mal gar nicht beachtet.

Alle Zerrsounds klingen so total nach Marshall. In allen Variationen, von meiner Vorstellung von "Plexi", JCM 800 und sonst was kann ich alles bestens einstellen und in allen möglichen Zerrgraden abrufen. Alles ist da und alles klingt für mich klasse! Von Metal bis Blues ist alles zu bedienen, ich bräuchte keine Zerrpedale mehr mit dem Ding! Mit mehrkanaligen Röhren-Amps hatte ich bisher immer Probleme, deshalb hab ich auch keinen. Hier kann ich Clean, Vintage und Classic nutzen. Modern ist für mich ganz subjektiv eher nur Zugabe, weil ich moderater in Sachen Zerrgrad unterwegs bin und die ganz heftigen brachialen Sachen, die mit Modern möglich sind nicht brauche. Das hat aber ganz und gar nichts mit der Klangqualität des Modern Kanals zu tun. Die ist bestens.

Alle Zerrsounds haben ein gewisses Maß an Kompression. Ich würde nicht sagen, dass der Amp1 ein Schönfärber ist, aber er macht es dem Spieler auch nicht unnötig schwer. Gut so, finde ich.

Ich spiele auch sehr viel clean. Deshalb hat mich begeistert, dass neben dem Clean auch im Vintage Kanal sehr schöne cleane Sounds möglich sind, sofern man keine sehr output-starken Pickups am Start hat. Es gibt im Amp1 nicht nur einen cleanen Sound, ganz im Gegenteil! Wenn man auch noch die oben beschriebenen weiteren Regelmöglichkeiten in der Gehäuseseite mit einbezieht, kann man eigentlich jeden cleanen Sound kreieren, den man sich vorstellen kann. Dazu noch die Wahl der Speaker, hier bei mir sind das Celestion Greenback, Vintage30, G12H und Jensen Ceramics: Da ist die komplette Clean-Welt drin. Das ist so!

Im Testbericht einer großen deutschen Musikerzeitschrift hab ich übrigens gelesen, die Klangregler in der Gehäuseseite arbeiten subtil. Das kann ich nicht bestätigen. Die haben ziemlich viel Einfluss auf den jeweiligen Soundcharakter.

Mit den Jensen Speakern in meinem Silverface Deluxe Reverb und meiner dazu passenden Zusatzbox klang es nicht ganz so gut in meinen Ohren. Auch clean nicht. Mit dem gleichen Speaker im direkten Vergleich zum Deluxe Reverb schnitt der Amp1 für mich nicht so gut ab. Dort war mir alles untenrum zu mager und auch etwas zu hart, sogar bei voll rein gedrehten Bässen. Da halfen auch die Regler in der Gehäuseseite nicht weiter.

Wieder zurück an die Greenbacks und der Amp1 lebt förmlich wieder auf! Ich denke, das Gerät ist eindeutig für "britisch" angehauchte Speaker gemacht. Vintage 30, Greenback, G12H, diese Richtung mag er! Für mich ist der Amp1 also eindeutig ein britischer Amp und zwar so einer wie die mit dem großen M und dem doppelten L am Ende. In der Richtung deckt er alle Facetten von clean über Plexi bis hin zu wirklich brachialer Zerrwand ab. Und das in wirklich guter Qualität. Insbesondere wenn man bedenkt, was das Gerät bei dieser gebotenen Vielseitigkeit kostet.

Klang ist aber nur eine Seite der Medaille. Zur Vervollständigung des Wohlfühlfaktors des gemeinen Gitarristen gehört noch mehr: Wie fühlt sich das an?

Auch hier gilt wieder ganz klar, dass der verwendete Speaker eine ganz ganz große Rolle spielt!
Mit Jensen Speakern am Amp1 fühlte ich mich nicht so wohl, mit den genannten Greenbacks dagegen total. Das ist fast wie Tag und Nacht, schwarz und weiß. Aber natürlich subjektiv. Das muss man ausprobieren! Unabhängig davon ist die Reaktion auf den Spieler klasse. Anschlagstärken werden schön klanglich umgesetzt, Pinch Harmonics klingeln auf Abruf und das Volumepoti der Gitarre bewirkt, was es bewirken soll. Die Reaktion darauf ist wirklich sehr gut, sofern die Gitarre das auch kann. Mit den passenden Speakern habe ich mit dem Amp1 richtig Spaß und vermisse im Grunde auch nichts. Klar, manch schöner Boutique-Amp kann es edler. Aber Hallo: Das ist kein Röhrenbolide der High End Klasse, das ist ein 4 Kanal 100 Watt Amp in Form eines Bodenpedals unter 700 Euro.

Was mir auch noch sehr positiv auffiel, ist die Darstellung unterschiedlicher Gitarren. Die Charaktere von Strat/Tele/ES hört man sehr deutlich heraus. Deutlicher als bei so manch anderem Amp!

Der Hall ist etwas naja, finde ich. Nur als leichter "Nassmacher" des trockenen Signals, also nur um etwas Raum zu geben funktioniert er gut. Als richtiger "Effekt", z.B. für Surfgitarren oder schön hallende Cleansounds ist er in meinen Ohren nicht so sehr tauglich. Aber der Amp1 hat ja einen sehr gut funktionierenden Einschleifweg parat, der auch noch seriell oder parallel schaltbar ist. Dann muss eben ein passender Hall da rein.

Das Noise Gate mit zwei Stufen ist gut brauchbar. Soft arbeitet unauffällig, Metal dagegen echt derb. Das macht schnell zu, was aber bei heftigerer Gangart und palm mute Sachen ganz gut sein kann.

Bleibt noch die Frage nach der Roadtauglichkeit: Auf mich macht es einen sehr soliden Eindruck. Wer aus Bierpfützen heraus mit Springerstiefeln drauf springt, der muss natürlich mit negativen Folgen rechnen. Bei normaler Behandlung dürfte man aber wohl lange was von dem Pedal haben.

Mein ganz subjektives Fazit:
Mit den Greenbacks in meinem Bluesbreaker Combo ist der Amp1 für mich echt eine Waffe!
Total Klasse. Das ist natürlich subjektiv.
Man muss den Amp1 unbedingt mit verschiedenen Lautsprechern ausprobieren!
Mit den falschen Speakern kann durchaus etwas Ernüchterung aufkommen, davon darf man sich aber nicht abschrecken lassen. Mit einer anderen Box kann das völlig anders sein!

Das ganze Konzept finde ich sehr gut. Ich glaube, ich möchte auch so ein Ding!

 Vielen Dank an Björn für die freundliche Leihgabe!! :-)

                                                                                                                                                           01/2015