Eine Baritongitarre klingt tiefer als eine normal gestimmte Gitarre. Standardgemäß klingt sie eine Quinte tiefer mit einem A auf der tiefsten Saite, aber daran muss man sich nicht zwangsläufig halten.

Baritongitarren waren mit ihrem prägnanten Klangbild früher am ehesten im Rock´n Roll/Country Bereich zu hören, haben aber z.B. auch in den neuzeitlichen tiefer gestimmten Zerrwänden einen neuen Platz gefunden. Eine typische Telecaster mit Baritonmensur ist zwar erst mal eher in den traditionellen Gefilden zuhause, mit anderen Pickups bewaffnet könnte das aber schnell ganz anders aussehen. Ich habe meiner älteren ganz normalen Japan Custom Tele einen Baritonhals von Göldo verpasst, um eher traditionellere Bariton-Klänge damit zu erzeugen. Das typische knochige Tele-Klangverhalten schien mir da sehr passend. Es sollte "Twang" im Spiel sein und davon möglichst viel.

Auf den Hals habe ich sehr lange gewartet, so etwas war sehr lange gar nicht lieferbar. Irgendwann kam er dann doch ins Haus und der Einbau des Halses hatte den schönen Nebeneffekt, dass ich mir noch eine zweite Tele zulegen musste, denn eine normale Telecaster gehört ja bekanntlich in jeden Gitarristenhaushalt :-)

Der Einbau des neuen längeren Halses war ziemlich problemlos. Er passte sehr gut in die Fräsung im Korpus, die Bohrlöcher für die Halsbefestigung am Korpus passten perfekt, die Löcher für die originalen Mechaniken an der Kopfplatte ebenfalls. Der gut vorgekerbte Sattel könnte noch einen ganz kleinen Tick tiefer gefeilt werden, bisher hat mich das aber nicht gestört. Das einzige Problem war, dass das Pickguard angepasst werden musste. Das Griffbrett mit 24 Bünden reicht fast bis an den Hals-Pickup heran. Nur fast, deshalb klafft da jetzt eine kleine Lücke. Vielleicht besorge ich mir noch ein anderes Pickguard und lass dort zwischen Halsende und Pickup noch "einen Streifen Pickguard" stehen.

Was noch auffällt im Vergleich alte Japan Tele/ neue Mexico Tele ist, dass bei der Japan Tele die Halsfräsung ca. 2 mm tiefer in den Korpus geht, das Griffbrett des normal hohen Tele-Halses liegt also tiefer und damit ist der Abstand der Saiten zum Korpus geringer. Ob das bei allen älteren japanischen Telecaster so ist, weiß ich nicht, es kann aber störend sein. Bei dem geringeren Saiten/Korpusabstand kann beim nicht ganz so filigranen Plektrumspiel das Plek schon mal Kontakt mit dem Pickguard haben, was nicht gerade dem Spielfluss dient .

Die Saiten sind spezielle Bariton-Saiten von GHS in den Stärken 014-018-028-038-050-070 mit umwickelter "G" Saite (so nenne ich sie mal).
Die Potiknöpfe hatte ich schon vorher drauf, das sind ganz normale Fenderamp Reglerknöpfe. Die passen gut, finde ich. Am Hals ist der originale Pickup bei der Arbeit, am Steg sitzt schon lange ein Seymour Duncan Broadcaster Pickup. Ich glaube, den kann man heute noch kaufen, ich finde den ziemlich klasse.

Der längere Hals fühlt sich natürlich erst mal etwas merkwürdig an. Etwas Kopflastigkeit macht sich auch bemerkbar, ist aber nicht nervig. Man gewöhnt sich schnell dran. Vom Gefühl, einen Longscale Bass zu spielen, ist man doch noch recht weit entfernt und man spielt da drauf eher wie auf einer ganz normalen E-Gitarre. Der Klang ist so, wie ich es erwartet habe. Die tiefen Saiten knolzen und stauben über den Stegpickup total trocken und holzig knurrend aus den Speakern. Das ist klasse, Twang pur. Aber da steckt eine Menge mehr drin. Cleane tiefe Arpeggios mit Chorus, Hall oder sonstigen Effekten bringen z.B. bei Aufnahmen Klangfarben ins Spiel, die man sonst eben nicht hat. Das kann sehr inspirierend sein. Und verzerrt kann man Druck aufbauen, wie es mit einer normal gestimmten Gitarre einfach nicht möglich ist. Mit einem Leslie Effekt kann man in den tiefen Lagen auch ungeahnt mächtig Eindruck schinden.

Kurz: mit dem Ding kommt richtig Experimentierfreude auf. Ich kann jedem nur empfehlen, sowas mal auszuprobieren.

Hören und sehen kann man die Gitarre über meinen Silverface Deluxe Reverb gespielt dort:  Youtubefilmchen

 

 

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                                                                                                                 © alle Bilder und Text, Dieter Stenzel, 15.01.2010